Nahbereichsfotografie – Teil 3 Schmetterlinge

Schmetterlinge sind schwer zu fotografieren, da sie sich meist nur kurz auf eine Blüte setzen und ihre Fluchtdistanz für viele Fehlschläge verantwortlich ist. Doch wenn man früh genug aufsteht, kann man die tierischen Models fast nach Belieben ablichten.

Schmetterlinge fotografieren

Alles, was ich dir hier erkläre, lässt sich natürlich auch auf andere Insekten und Situationen übertragen. Sehr spannend finde ich persönlich auch Libellen, die eine nicht zu unterschätzende Herausforderung darstellen. Aber es kann natürlich auch irgendein anderes Insekt sein, das dir beispielsweise auf Reisen begegnet.

Vorkommen von Schmetterlingen

Seit Jahren gehen die Zahlen der Insekten zurück. Uns kommt es zwar noch immer so vor, als würden wir beim Essen im Freien von unzähligen Wespen belästigt und ein sorgloser Abend auf dem Balkon rächt sich mit juckenden Mückenstichen. Doch Fakt ist: die Insekten haben gravierende Probleme mit unseren Monokulturen, den Pestiziden und den wenigen naturbelassenen Rückzugsgebieten.

Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, erinnere ich mit an flatterndes Gewimmel um den Sommerflieder in unserem Garten. Verschiedenste Schmetterlinge konnte ich damals beobachten, von denen ich einige Arten schon seit Jahren nicht mehr gesehen habe.

Möchte man Schmetterlinge fotografieren, empfiehlt sich daher der Besuch von Naturschutzgebieten und naturnahen Wiesen. Hier hat man gute Chancen, eine größere Artenvielfalt und eine größere Zahl der Insekten anzutreffen.

Tageszeit

Schmetterlinge sind nicht gerade dafür bekannt, dass sie sich lange auf eine Blüte setzen, um sich geduldig fotografieren zu lassen. Das stetige Herumflattern und die Fluchtdistanz können das Fotografieren zu einer echten Geduldsprobe machen.

Kohlweißling
Diesem Kohlweißling bin ich einige Zeit hinterhergelaufen, bis ich ihn endlich mit einem Teleobjektiv in weiter Entfernung erwischt habe. Das Problem: ich wollte mitten an einem sonnigen Tag Schmetterlinge fotografieren.

Die beste Zeit für die Fotografie von Schmetterlingen und anderen Insekten ist der frühe Morgen, wenn sie nach einer kühlen Nacht noch nicht auf Betriebstemperatur hochfahren konnten. Dann sind sie quasi gezwungen, eine Fotosession über sich ergehen zu lassen.

Idealerweise sucht man mit dem ersten Dämmern eine Wiese nach Schmetterlingen ab (hört sich leichter an, als es ist!) und nutzt die Zeit bis zum Sonnenaufgang für das Fotografieren. Denn wenn sich die Insekten erst einmal ein paar Minuten lang in der Sonne aufwärmen konnten, ist der Spaß vorbei.

Schmetterlingsfotografie in der Praxis

Wie bereits im zweiten Teil der Serie erwähnt, bin ich kein Freund von fotografischen Regeln. Sie schränken die Kreativität ein! Meine Tipps dienen daher eher als eine Idee, mit der du spielen solltest.

Permuttfalter von vorne
Wir sollten Schmetterlinge am besten immer parallel zur Sensorebene fotografieren. Anfangs tat ich das auch, aber das war mir zu langweilig. Für die Nachbesprechung des Workshops wählte ich absichtlich dieses Bild aus und es kam gerade wegen des „Regelbruchs“ super an! Einzig am Bildbeschnitt wurde herumkritisiert. Ja, das Bild habe ich etwas knapp aufgenommen…

Kamera und Objektiv

  • Kamera
    Es braucht keine besonders tolle Kamera mit vielen Megapixeln und einem stolzen Preis. Grundsätzlich ist es wichtiger, dass du die Kamera intuitiv bedienen kannst und die Verarbeitungsleistung gut ist. Das spielt vor allem dann eine Rolle, wenn du auch tagsüber bei Sonnenschein auf die Insektenjagd gehen möchtest. Es ist auch von Vorteil, wenn du manuelle Einstellungen vornehmen kannst.
  • Objektiv
    Die Wahl des Objektivs hängt mit der Entfernung zum Insekt bzw. der Tageszeit zusammen. Vor Sonnenaufgang bietet sich ein Makroobjektiv mit rund 100mm an, da die Entfernung zum Schmetterling nur gering ist. Wenn die Sonne höher steht, sind meist nur noch Fotos aus der Entfernung möglich. Dann benötigst du entweder ein Makroobjektiv mit bis zu 200mm oder ein Teleobjektiv. Hinsichtlich des Bokehs (unscharfer Hintergrunds) ist entweder ein lichtstarkes Objektiv oder eine gewisse Entfernung zum Hintergrund notwendig.

Verwendung eines Stativs

Vor allem am frühen Morgen kannst du problemlos ein Stativ verwenden, da die Insekten „schockgefrostet“ an den Pflanzen sitzen. Du hast also Zeit, dich perfekt einzurichten und ein paar Bilder zu schießen.

Da du die Schmetterlinge eher in Bodennähe finden wirst, empfiehlt sich ein kleineres Stativ. Damit kannst du auf Höhe des Insekts fotografieren. Toll finde ich das Rollei Compact M5 Mini-Stativ, das wir während des Workshops ausprobieren konnten. Ich nenne es inzwischen mein Eigen und bin davon begeistert.

Beachte beim Fotografieren mit einem Stativ immer, dass du den Stabi deiner Kamera ausschalten musst. Sonst bekommst du trotz Stativ verwackelte Bilder.

Mehr zu der Wahl des richtigen Stativs findest du im ersten Teil der Serie.

Verwendung eines Diffusors

Mit einem Diffusor kannst du den Schmetterling nach Sonnenaufgang beschatten. Der Vorteil: das Insekt braucht länger, um sich aufzuwärmen und wegzufliegen. Zudem hast du im Schatten eine weiche Lichtverteilung mit schönen Farben.

Dafür ist es zum glück nicht notwendig, dass du dich gleich in Unkosten stürzt. Es tut auch ein weißer Regenschirm. Einfach den Regenschirm aufspannen und neben den Schmetterling damit beschatten. Pass aber auf, dass er dich nicht beim Fotografieren behindert.

Teamwork gegen zickige Models

Schmetterlinge lassen sich problemlos am frühen Morgen fotografieren. Anders sieht das bei Libellen-Schmetterlingshaften aus. Dieser sperrige Name hat einen Grund: sie sehen zwar aus wie Schmetterlinge, sind aber jagende Netzflügler.

Und noch etwas ist charakteristisch: sie sind zickige Models 😉 Hat man einen entdeckt und gerade die Kamera für ein seitliches Bild des ganzen Tieres ausgerichtet, versteckt es sich hinter dem Stängel. Aus dieser Position wird man dann aufmerksam beäugt und jede Bewegung führt zu einer Gegenbewegung um den Stängel herum.

Libellen-Schmetterlingshaft
Das Model versteckt sich: ein Libellen-Schmetterlingshaft

Allein hast du wenig Chancen. Du wirst fast immer diesen doofen Stängel im Weg haben. Hier hilft nur Teamwork, denn mit zwei Personen ist der Libellen-Schmetterlingshaft schlicht überfordert. Schließlich kann er sich immer nur vor einem Fotografen verstecken.

Libellen-Schmetterlingshaft seitlich
In einem Zweier-Team kann immer ein Fotograf ein seitliches Foto aufnahmen

Es sieht auch toll aus, wenn der Libellen-Schmetterlingshaft die Flügel öffnet. Das erfordert allerdings Schnelligkeit beim Fotografieren, da das Tier jederzeit wegfliegen kann. Ich hatte leider kein Glück.

Erdspieß

Du hast einen schönen Schmetterling gefunden, der aber extrem ungünstig sitzt? Oder du hast ein Bild im Kopf mit einem bestimmten Hintergrund? Dann setze den Schmetterling um.

Du hältst mich jetzt vielleicht für verrückt, aber das klappt wirklich. Die Voraussetzung ist allerdings, dass sich der Schmetterling noch nicht in der Sonne aufwärmen konnte.

Suche einen Grashalm oder Stängel, der deinen Vorstellungen entspricht und schiebe ihn dem Schmetterling vorsichtig unter die Beine. Ich habe es ausprobiert und die Tierchen sind immer brav „umgestiegen“.

Schmetterling in der Hand
Diesem Bläuling hat Michael einen hübscheren Stängel untergejubelt. Kein Problem, da sich der Schmetterling noch nicht aufwärmen konnte.

Dann nimmst du einen Erdspieß mit einer Klammer am oberen Ende (ich vermute, das war Marke Eigenbau, aber sehr praktisch!), suchst eine ansprechende Umgebung mit ausreichend Abstand zum Hintergrund und befestigst den Stängel inkl. Schmetterling an dem Erdspieß. Und schon kannst du das perfekte Foto aufnehmen!

Beachte bei dieser Prozedur aber unbedingt, dass das Tier weder unnötig gestresst noch verletzt wird. Es sollte also prinzipiell eher die Ausnahme bleiben und der Standortwechsel sollte nur gering sein.

Achtung: Zecken

Die Biester musst du leider bei deiner Fototour einplanen, denn inzwischen haben sie sich fast in ganz Deutschland verbreitet und übertragen FSME und Borreliose. Du könntest dich natürlich mit Insektenspray gegen die Zecken wappnen, aber das Spray unterscheidet leider nicht zwischen den Plagegeistern und den Schmetterlingen. Das wäre also kontraproduktiv.

Im ersten Teil der Serie habe ich schon erläutert, dass ich die Socken über die Hose gezogen habe, um den Zecken einen möglichst beschwerlichen Weg bis zur Haut zu bieten. Die Folge: eiskalte, nasse Füße. Denn der Morgentau hat die kompletten Socken bis zu den Zehen durchnässt.

Alternativ kannst du beispielsweise eine Regenhose anziehen und diese um den Knöchel mit einem Gummi fixieren.

Bildaufbau

Auf Augenhöhe fotografieren und auf das Wesentliche reduzieren

Wie bei den Orchideen im zweiten Teil der Serie gilt auch bei den Schmetterlingen und Insekten: auf Augenhöhe fotografieren. Es gibt natürlich Situationen, in denen das schlicht nicht möglich ist. Aber dann muss man gegebenenfalls auf ein schönes Bokeh verzichten.

Hier ein Negativbeispiel:

Der Wollschweber auf dem Bild unten ist die ganze Zeit aufgeregt herumgeschwirrt. Als er sich dann kurz hingesetzt hat, war ich gezwungen, „in den Boden“ zu fotografieren. Ein Freistellen war somit nicht möglich und die vielen Details lenken von meinem eigentlichen Hauptmotiv ab.

Wollschweber am Boden

Ein Beispiel, wie es das Bild besser wirkt:

Beim nachfolgenden Bild habe ich zwar wenig charmant den pelzigen Hintern des Wollschwebers fotografiert, aber durch die Freistellung ist das Hauptmotiv klar: der Wollschweber an der Blüte.

Wollschweber im Flug

Nicht mittig positionieren und mit der Blickrichtung arbeiten

Ein Bild mit einem mittig positionierten Motiv wirkt langweilig. Ich vergleiche solche Bilder gerne mit biometrischen Passbildern, die kaum Begeisterung auslösen können.

Arbeite daher mit der Blickrichtung des Insekts, um mehr Spannung im Bild zu erzeugen. Der Betrachter empfindet ein Bild als dynamischer, wenn er dem Blick folgen kann und dabei nicht sofort den Bildrand erreicht.

Bildränder „vernebeln“

Wie schon bei den Orchideen im zweiten Teil der Serie kann man auch bei den Schmetterlingen die Bildränder „vernebeln“. Dadurch entsteht ein harmonischeres Bild mit einem klaren Hauptmotiv, von dem aus alles weich bis zum Bildrand ausläuft.

Nehme hierfür ein bisschen Grünzeug wie ein kleines Büschelchen Grashalme oder Blätter und halte sie nah an der Frontlinse der Kamera ins Bild. Durch die Nähe des Grünzeugs und den weit entfernten Schärfebereich werden die Grashalme/Blätter vollkommen unscharf. Positioniere sie so im Bild, dass sie beispielsweise einen störenden Stängel in einem unscharfen Schleier verschwimmen lassen. Habe etwas Geduld… das erfordert ein wenig Übung, bis es natürlich aussieht.

Portrait Bläuling
Ein leicht „vernebelter“ Bildrand, den ich mit ein bisschen Grünzeug gezaubert habe.

Ungebetene Statisten entfernen

Der Sinn der Nahbereichsfotografie ist es, Kleines groß darzustellen. Blöd ist nur, wenn sich etwas unbemerkt ins Bild geschummelt hat und dort wie ein gefährlicher Gigant aus einem Science Fiction aussieht.

Monster und Dickkopffalter

Leider fallen diese ungebetene Statisten erst auf einem großen Bildschirm so richtig auf. Ich empfehle dir daher, den Standort deines Motivs immer genau zu untersuchen und die kleinen Giganten vorsichtig mit einem Grashalm zu entfernen.

Hast du noch weitere Tipps für die Nahbereichsfotografie? Dann hinterlasse sie doch bitte in einem Kommentar.

Meine Empfehlung*

Rollei Compact M5 Mini-Stativ

Kompakt, stabil und mit einer guten Arbeitshöhe für die Nachbereichsfotografie in Bodennähe.
Arbeitshöhe: 16 – 47cm
Traglast: 3kg


Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Erfahrungsbericht, der auf meiner eigenen, ehrlichen Meinung beruht. Es bestanden keine bezahlten Kooperationen.

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