Wandern mit hunderten Gleichgesinnten – eigentlich ist das nicht unbedingt mein Ding. Im Gegenteil wandere ich bevorzugt allein und genieße den Fokus, der dadurch auf dem Weg und der Landschaft liegt. Aber die Vorstellung eines Massenstarts und der damit verbundenen Stimmung interessierte mich so sehr, dass ich das Experiment Little Mammut Ruhr wagte und vor einer beeindruckenden Kulisse mit anderen Wanderfans zu einer 30km langen Wanderung aufbrach.
Wie läuft so ein Wander-Event ab? Und ist die 30km-Distanz mit „normalen“ 30 Wanderkilometern vergleichbar? Das verrate ich dir in diesem Artikel 🙂
Inhaltsverzeichnis
Little Mammut Ruhr – unter Wander-Freaks in Duisburg
Der Little Mammut Ruhr ist ein Live-Event des Veranstalters Mammutmarsch, der in einigen Städten Deutschlands Wander-Challenges zwischen 30 und 100km durchführt. Der Slogan ist dabei Programm:
„Bei uns wanderst du, bis es weh tut. Und dann weiter. Am Ende weißt du, dass dich nichts mehr aufhalten kann.“
100km sind eine unglaubliche Strecke und den meisten reichen zweifellos auch weniger Kilometer, um an die persönlichen Grenzen zu kommen. Deshalb hat ein Großteil dieser Events deutlich kürzere Distanzen. Einen Überblick bekommst du im Shop von Mammutmarsch.
Die Challenge in Duisburg war eigentlich für April 2020 geplant… und dann kam das böse C dazwischen. Aber aufgeschoben ist bekanntlich nicht aufgehoben. Und so vertrieb ich mir die Zeit bis zum nächsten Live-Event mit der Teilnahme an virtuellen Veranstaltungen:
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Und gute 1 1/4 Jahre nach der ursprünglich geplanten Challenge war es endlich so weit 🙂
Warum ein Genusswanderer an einem Mammutmarsch teilnimmt
Beim Wandern liebe ich die vergleichsweise langsame Geschwindigkeit, die mir das Entdecken und hautnahe Erleben der Landschaft erlaubt. Ich wandere zwar zügig, mache aber viele Stopps zum Genießen der Natur und natürlich zum Fotografieren.
Daher ist es vielleicht überraschend, dass ich an einem Wander-Event wie einem Mammutmarsch teilgenommen habe, bei dem es eher ums Streckemachen geht. Entspanntes Wandern ist anders. Aber tatsächlich fand ich die Vorstellung eines Massenstarts unter Gleichgesinnten so interessant, dass ich das unbedingt einmal erleben wollte.
Aber für die langen Distanzen bis 100km fehlt mir schlicht der Ehrgeiz, da ich für mich selbst einfach keinen Sinn oder Reiz darin erkennen kann. Ich finde es unglaublich, wie andere solche Strecken bewältigen und sie haben meinen Respekt für diese beeindruckende Leistung. Aber ich bin und bleibe Genusswanderer und brauche das nicht.
Den Little Mammut Ruhr gibt es in den kürzeren Varianten von 30 und 55km und das Höhenprofil ist angenehm flach. Mir reichte die Distanz von 30km – schließlich wollte ich niemandem etwas beweisen… auch nicht mir selbst.
Besonders reizvoll an genau diesem Mammutmarsch war aber der Landschaftspark Nord, auf dessen Gelände sich Start und Ziel befanden. Das alte Hüttengelände verbindet einen rostigen Industrie-Charme mit der Magie eines Lost Place und erstrahlt nachts im Licht zahlloser farbiger Lampen. Daher war ich bereits am Vorabend vor Ort und tobte mich mit Kamera und Stativ aus.
Nur 30km, aber oho – meine Erfahrung auf dem Little Mammut Ruhr
Auf Grund der aktuell geltenden Bestimmungen wurden die Teilnehmer in Startgruppen eingeteilt. Für jede Distanz gab es 5 Gruppen und ich vermute, dass sie jeweils 250 Wanderer umfassten. Am Tag zuvor hatte ich gesehen, dass nur noch wenige Startplätze frei waren. Also waren insgesamt fast 2.500 Teilnehmer bei dem Event dabei – Wahnsinn!
Während die 55km-Wanderer bereits um 8:00 Uhr starteten, ging es für die 30km-Wanderer erst um 10:00 Uhr los. Ich war in Gruppe 9 um 11:30 Uhr und hatte ehrlichgesagt die Befürchtung, dass ich bis in die Nacht wandern würde. Rückblickend war das aber vollkommen unbegründet.
Eckdaten der Tour
- Länge: 31,5 km
- meine Gehzeit: ca. 6,5 Stunden (normal eher 9 Stunden)
- Schwierigkeit: schwer, wegen der Distanz und dem Anspruch des Events, möglichst zügig durchzulaufen
- Wegmarkierung: Mammutmarsch.Logo, sowie gelbe Pfeile mit Punkt auf dem Asphalt
Der Start auf dem Gelände des Landschaftsparks Nord
Der Check-in war 30 Minuten vor dem jeweiligen Start, um die Zahl der Menschen auf dem Gelände des Landschaftsparks besser kontrollieren zu können. Erst wurde der Impfnachweis kontrolliert und dann der Teilnehmer-Barcode gescannt. Dieser musste als Ausdruck vorliegen, da es auf dem Handy wohl Probleme geben kann.
Dann habe ich mir noch mein Little Mammut Ruhr T-Shirt abgeholt und wartete gespannt auf den Start-Aufruf. Die Stimmung war ausgelassen, aber auch von einer gewissen Spannung geprägt: Ausrüstung wurde letztmalig gecheckt und strategisch günstig verstaut, T-Shirts wurden teilweise gewechselt, Wanderschuhe angezogen und Teilnehmerbändchen umgebunden.
Dann kam der Aufruf und die Teilnehmer bewegten sich in Richtung Start. Nach einer kurzen Ansprache vom Organisationsteam ging es los und der Moment, als ich mich inmitten der Gleichgesinnten zum Starttor bewegte, war genau das, was ich unbedingt einmal erleben wollte. Es war zwar nur ein Mini-Massenstart, aber trotzdem war es ein Erlebnis. Spannung und Vorfreude auf die bevorstehende Challenge mischten sich, und der Blick in die Gesichter zeigte ausnahmslos leuchtende Augen.
Die Teilnehmer waren bunt gemischt. Der Durchschnitt lag vermutlich in den 30ern, aber es gab Ausreißer in beide Richtungen. Es waren klassische Wanderschuhe, Laufschuhe und Trailrunner unterwegs, lange, kurze und halblange Wanderhosen und Wanderleggins (sogar einen Rock entdeckte ich) und neben überraschend vielen Vierbeinern sah ich auch Kraxen und einen Kinderwagen.
Die ersten Meter führten durch den Landschaftspark und die Kulisse des alten Hüttengeländes war einfach nur grandios. Wenig später lagen Hochofen 5 & Co. hinter uns und die lange Reihe an Wanderern steckte sich mehr und mehr, während sie ins Grüne abbog.
Rund 10km bis zum ersten Versorgungspunkt
Eigentlich bin ich schon öfter 30km und mehr gewandert. Daher dachte ich, dass es bei dieser Strecke nicht viel anders sein würde als sonst. Dachte ich. Denn bei einem Mammutmarsch wandert man anders… oder zumindest bin ich anders gewandert, als ich es gewohnt bin.
Wie schon erwähnt, wandert man die Strecke einfach durch. Denn während normalerweise der Weg das Ziel ist, so ist das Ziel bei einem Mammutmarsch das Ankommen. Ich merkte schnell, das ich automatisch in meine Wohlfühl-Geschwindigkeit von 5 – 5,5km/h verfiel und hoffte, dass das trotz des Fehlens der gewohnten kleinen Pausen passen würde.
Bald zog sich das Wandererfeld weit auseinander und jeder reihte sich zwischen Leuten mit einer ähnlichen Geschwindigkeit ein.
Die ersten Kilometer verliefen entlang des Rhein-Herne-Kanals. Schatten gab es leider nur sehr wenig und es wurde zunehmend wärmer. Zum Glück versprach die Wettervorhersage für den weiteren Tagesverlauf zunehmende Bewölkung.
Die Seite des Kanals wurde ein paar Mal gewechselt, bis nach rund 10km der erste Versorgungspunkt erreicht war. Hier gab es kostenlose Äpfel, Bananen, Müsliriegel, irgendwelche süßen Teilchen und Milchbrötchen. Zudem gab es hier Toiletten und es bestand die Möglichkeit, die Flaschen mit Wasser auffüllen zu lassen.
Ich machte nur einen kurzen Stopp, verspeiste einen Apfel und ein Milchbrötchen, stattete dem Dixi vorsorglich einen Besuch ab und wanderte schon nach wenigen Minuten weiter.
Bis zum zweiten Versorgungspunkt bei etwa 22km
Der Kanal wurde erneut überquert und es ging weiter in Richtung Bottrop. Stadt und Wohngebiete meidend wand sich der Weg von Grünfläche zu Grünfläche. Meist verlief er in einem Tunnel aus Bäumen, so dass die letzten Sonnenstrahlen vor der nahenden Wolkenfront nur noch gelegentlich auf die Strecke fielen.
Der Gesundheitspark Quellenbusch mit einer Holzpyramide und einer Energiespirale wurde durchquert. Die Windung der Spirale hat aber offensichtlich kaum ein Teilnehmer abgelaufen, da das Gras auf dem direkten Weg über die kleine Anlage verdächtig platt war. Ich gestehe: ich habe auch abgekürzt 😉
Ein kurzer Abschnitt führte durch ein Wohngebiet, doch schnell war wieder der nächste breite Grünstreifen erreicht, der in diesem wilden Mosaik aus Stadtteilen für eine räumliche Trennung sorgte. Diese grünen Streifen waren meist breit genug, dass man die nahe Zivilisation fast vergessen konnte.
Passanten, Radfahrer und Anwohner fragten nicht selten, wo wir denn alle herkämen. Die 5 Startgruppen der 30-Strecke waren im 30 Minuten-Rhythmus gestartet und da sich die Gruppen weit auseinanderzogen, mussten wir wie ein riesiger Strom an Menschen erscheinen. Einmal wurde die Frage eines Spaziergängers von einer älteren Damen kommentiert, die offensichtlich schon länger auf der Bank am Wegrand saß: „Das geht schon seit Stuuunden so!“ und schüttelte nur ratlos den Kopf.
Nach den Relikten der Zeche Osterfeld war der Olga-Park erreicht, in dem sich der zweite Versorgungspunkt befand. Hier gab es für die Koffein-Junkies auch Kaffee, aber ich schätze mich glücklich, dass ich nicht dazugehöre. Es erschien mir etwas befremdlich, als der ausschenkende Helfer einen Messbecher voll Wasser in den großen Behälter schüttete und mit einem Schneebesen unterrührte. Also wenn das tatsächlich Kaffee war, dann handelte es sich vermutlich um eine ziemlich verdünnte Brühe.
Die schmerzhaften letzten Kilometer
Bis zum zweiten Versorgungspunkt ging es mir gut. Doch kaum hatte ich mich nach ein paar Tomaten und zwei Gewürzgurken wieder auf die Strecke begeben, begann die Beinmuskulatur zu schmerzen. Jeder Schritt auf der vollkommen ebenen Strecke brannte plötzlich in den Beinen, als würde ein heftiger Muskelkater bereits während der Wanderung beginnen.
Ich ignorierte das Brennen und marschierte einfach weiter. Doch es blieb nicht dabei. Vermutlich lief ich „nicht mehr rund“ und Ausgleichsbewegungen sind nie gut. Die zunehmende Verspannung der Schultermuskulatur hatte ich dank Dehnübungen im Griff, doch dann machte sich meine Hüfte bemerkbar. Früher hat sie mich oft geärgert, doch ich hatte eigentlich gedacht, dass ich das hinter mir gelassen hätte. Daher hatte ich sie bei meinen Übungen vor der Wanderung zur Gelenkstabilisierung vielleicht etwas zu sehr vernachlässigt.
Der Weg führte wieder ein Stück auf dem Rhein-Herne-Kanal zurück und die futuristische Slinsky Springs to Fame-Brücke wurde überquert. Sehr spannend, aber im Mittelteil unangenehm schwingend. Dann wurde das Autobahnkreuz Oberhausen West in einem weiten Bogen auf dem Grünen Pfad umgangen, einem Bahntrassenweg.
Die ersten 55km-Wanderer mischten sich in unsere 30km-Kolonne. Sie waren am Morgen gestartet und bis zur Zeche Zollverein Essen und dem Tetraeder Bottrop gewandert. Sie erschienen mir trotz der vielen Kilometer überraschend frisch und voller Energie. Vor allem weil sie mich reihenweise überholten. Respekt!
Die letzten 3km waren eine Qual und ich verfluchte jeden einzelnen schmerzenden Schritt. Selten erschienen mir 3km so unglaublich lang. „Wandern bis es weh tut. Und dann weiter…“ Letztendlich war es Kopfsache ins Ziel zu kommen. Und nach einem Ziel-Radler im Mammut-Biergarten waren die Strapazen auch schon fast wieder vergessen 😉
Ein kleiner Fun Fact am Rande:
dieser Hund war genauso schnell wie ich (Herrchen und Frauchen natürlich auch) 😉
Am nächsten Morgen hatte ich übrigens kaum Muskelkater. Dafür hatte ich aber auch noch einige Dehnübungen im Hotel gemacht und auf eine positive Wirkung gehofft. Einzig meine Fußmuskulatur war mächtig verspannt. Doch das war schnell wieder „eingelaufen“ 😉
Mein Fazit zum Mammutmarsch in Duisburg
Die Strecke hat mir eigentlich ganz gut gefallen, auch wenn das Wandergebiet vollkommen anders war als bei meinen üblichen Touren. Eine andere Teilnehmerin hat mir unterwegs erzählt, dass das Pendant in Berlin extrem Wald-lastig sein soll und es auf der Strecke kaum etwas zu sehen gibt. Das kann man von der Ruhr-Variante nun absolut nicht behaupten. Vom Landschaftspark Nord habe ich ja schon genug geschwärmt, aber die Abwechslung zwischen Wasser, Wäldchen, Kultur und ein paar Wohngebieten war gelungen und interessant.
Das Event war gut organisiert – auch im Hinblick auf die geltenden Beschränkungen und Vorgaben. Rückblickend fand ich es sogar angenehm, dass die Startgruppen so klein waren. Sonst hätte es womöglich sehr lange gedauert, bis sich das Feld auseinanderzieht und man entspannt das eigene Tempo laufen kann.
Aber diese Art des Wanderns ist einfach nicht mein Ding. Es war ein Experiment und ich habe nicht bereut, es ausprobiert zu haben. Aber entspanntes Wandern mit einem Fokus auf den Weg selbst und die umgebende Landschaft ist einfach eher mein Ding.
Der Little Mammut Ruhr 2021 auf Komoot
Es ist vermutlich keine Tour, die irgendjemand nachlaufen möchte. Und der nächste Little Mammut Ruhr kann schon wieder auf einer vollkommen anderen Strecke verlaufen.
Aber der Vollständigkeit halber verlinke ich die GPX-Daten trotzdem – entweder zum Gucken, wie der Streckenverlauf war, oder auch zum Downloaden für eine Radtour. Denn die Strecke war bis auf die Treppen an einigen Brücken durchaus Fahrrad-tauglich 😉
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Weitere InformationenDieser Artikel enthält keine bezahlte Werbung und es bestanden keine Kooperationen. Es handelt sich um einen Erfahrungsbericht, der auf meiner eigenen, ehrlichen Meinung beruht.