Die verlassene Kirche – Lost Places in HDR

Kirchen fand ich schon immer interessant und ich schaue sie mir gerne von innen an. Aber ich hatte noch nie eine verlassene Kirche betreten. Farbe blättert von den Figuren, Tauben und andere Tiere haben die Kirche erobert und Staub bedeckt die Tasten der Orgel… Am besten hält man die vielen Details von Lost Places in HDR-Aufnahmen fest.

Die verlassene Kirche im polnischen Lewin

Während unseres Kurztrips nach Polen besuchten wir die alte Evangelische Kirche in Lewin. Seit wann sie schon nicht mehr genutzt wird, weiß ich nicht. Aber es muss schon recht lange sein, da der Boden der Bankreihen in der ersten Etage bereits teilweise eingestürzt ist.

Entsprechend sollten wir diesen Teil der Kirche nicht betreten. Das hieß aber nicht, dass die anderen, zugänglichen Bereiche sicher gewesen wären. Naja, es macht schon Sinn, dass man bei Lost Places immer vorab unterschreiben muss, dass das Betreten auf eigene Gefahr erfolgt.

Treppenaufgang

Foto-Tipp: Lost Places in HDR

Zunächst wusste ich nicht, wie ich fotografisch an die Kirche herangehen soll. Das lag aber auch daran, dass sich in der kleinen Kirche unsere gesamte Gruppe mit 12 Leuten irgendwie arrangieren musste. Daher wartete ich erst einmal, bis alle ihr Bild über die morschen Bankreihen hinweg zum Altar gemacht hatten und baute dann selbst mein Stativ auf.

Ungünstige Lichtbedingungen in Lost Places

In Lost Places herrschen selten perfekte Lichtbedingungen. Meist ist es wegen der fehlenden, künstlichen Beleuchtung zu dunkel. Gleichzeitig sorgen z. B. Fenster für überstrahlte Teilbereiche in den Fotos. Eine recht ungünstige Kombination.

Die Lösung bei hohen Kontrasten: HDR-Fotografie

Ich entschied mich daher für Belichtungsreihen, um später die Bilderserien des Lost Places in HDR-Aufnahmen umzuwandeln zu können. Diese Methode hat den Vorteil, dass man auch bei ungünstigen Lichtverhältnissen und starken Kontrasten gute Fotoergebnisse erzielen kann.

Was bedeutet HDR?

HDR steht für High Dynamic Range. Damit sind Bilder mit „hohem Dynamikumfang“ gemeint. Das Gegenteil sind LDR-Bilder, die nur über wenig Kontrast verfügen.

Wie funktioniert HDR?

Über spezielle Programme wie beispielsweise Photomatix Pro* oder auch Photoshop kann man die Fotos einer Belichtungsreihe miteinander kombinieren. Dabei werden zu helle bzw. zu dunkle Bereiche im Bild dank der anderen Versionen des Fotos ausgeglichen. Auf diese Weise entstehen Bilder mit einer gleichmäßigen Lichtverteilung und einem hohen Dynamikumfang.

Leider sind HDR-Aufnahmen etwas arbeitsintensiver. Aber der Aufwand lohnt sich!

Ich erkläre dir, wie du dank HDR mehr aus deinen Lost Place Bildern (und natürlich auch aus vielen anderen Foto-Situationen) herausholen kannst.

die Orgel

Mein Tipp:

Verwende nicht das HDR-Programm deiner Kamera. Das mag bequemer sein, aber die Bearbeitung erfolgt automatisch und du kannst keinen Einfluss darauf nehmen. Daher sind die Ergebnisse nicht unbedingt zufriedenstellend.

Belichtungsreihe für HDR-Bilder

Für die Erstellung von HDR-Bilder empfehle ich Belichtungsreihen. Man kann zwar auch sog. Pseudo-HDR aus einem einzelnen Bild erstellen, aber die Ergebnisse begeistern mich nicht unbedingt.

Notwendig für eine Belichtungsreihe

  • mindestens ein überbelichtetes Bild
  • ein richtig belichtetes Bild
  • und mindestens ein unterbelichtetes Bild

Die Belichtungsreihen kann man einfach über die Serienbild- plus die Auto-Bracketing-Funktion der Kamera erstellen. Unterschiedliche Kameras haben hier aber möglichweise unterschiedliche Funktionsweisen. Wie viele Bilder hierbei in einem Zug möglich sind, hängt ebenfalls von deiner Kamera ab. Es sind entweder 3, 5 oder 7 Stück. Grundsätzlich kann man sagen: je mehr Bilder, desto besser.

Die Blendenstufen

Achtung! Ein kurzer Absatz mit trockener Theorie: eine ganze Blendenstufe ist entweder eine Verdopplung der einfallenden Lichtmenge oder eine Halbierung. Im ersten Fall wird das Bild also heller, im zweiten dunkler.

Es geht aber auch ganz gut ohne das theoretische Wissen. Denn eigentlich reicht eine Beurteilung dessen, was du im Kameradisplay siehst.

Wichtig:

Alles hängt von den Lichtbedingungen vor Ort ab. Wichtig ist, dass

  • bei der am meisten überbelichteten Version die Details in den dunklen Bereichen
  • und bei der am meisten unterbelichteten Version die Details in den hellen Bereichen zu erkennen sind

Hier ein Beispiel: unten siehst du die ursprünglichen 3 Bilder einer Belichtungsreihe. Falls es dich interessiert: es sind jeweils 2 Blendenstufen.

Das Bild in der Mitte ist halbwegs richtig belichtet (und begeistert trotzdem überhaupt nicht… deshalb HDR). Die beiden „Extreme“ rechts und links bilden quasi den Rahmen für die Belichtungsreihe. Wie viele Bilder du innerhalb des Rahmens machen kannst, häng wie gesagt von deiner Kamera ab.

Je mehr Bilder deine Kamera bei einer Belichtungsreihe aufnehmen kann, desto kleiner sind die Blendenstufen innerhalb dieses Rahmens. Du hast also mehr Feinabstufungen, die mehr Details für die Erstellung von HDR-Bilder einfangen.

Deckungsgleiche Bilder

Für die Verarbeitung ist es notwendig, dass die Bilder der Belichtungsreihe deckungsgleich sind. Eine gute Software kann bestenfalls geringe Verwackelungen ausgleichen.

Voraussetzungen für deckungsgleiche Bilder:

  • Stativ und Fernauslöser
    Immer ein Stativ und einen Fernauslöser verwenden (alternativ den Selbstauslöser). Vergiss aber nicht, den Bildstabilisator deiner Kamera auszuschalten.
  • Blendenvorauswahl
    Fotografiere mit Blendenvorauswahl, damit bei allen Bildern der Reihe dieselbe Schärfentiefe garantiert ist.

Kein automatischer Weißabgleich

Beim automatischen Weißabgleich kann es unter Umständen passieren, dass die Bilder einer Belichtungsreihe unterschiedlich aufgenommen werden. Bei der Verarbeitung in einem HDR-Programm könnte das zu einem weniger zufriedenstellenden Ergebnis führen.

Wenn du im RAW-Format fotografierst, kannst du den Weißabgleich zwar vor der Verarbeitung angleichen. Aber es spart Zeit, die Belichtungsreihe von vornherein mit demselben Weißabgleich zu fotografieren.

Geringer ISO-Wert

Bei der Erstellung von HDR-Bilder wird vorhandenes Bildrauschen zusätzlich verstärkt. Daher solltest du mit einem möglichst niedrigen ISO-Wert arbeiten.

Im RAW-Format fotografieren

Eine RAW-Datei enthält mehr Bildinformationen als eine komprimierte JPG-Datei. Zudem kann sie verlustfrei bearbeitet werden.

Wenn deine Kamera Fotos im RAW-Format aufnehmen kann, kannst du diese auch für die Erstellung von HDR-Bilder verwenden.

Vorher-nachher: Beispiel-Bild eines Lost Places in HDR

Hier ist noch einmal die ursprüngliche Belichtungsreihe im direkten Vergleich zu der daraus erstellten HDR-Aufnahme.

HDR-Bild aus der Belichtungsreihe
Ich erstelle meine HDR-Bilder immer mit Photomatix Pro*. Das vom Programm erzeugte Bild bearbeite ich dann über die interne Tone Mapping-Funktionen weiter, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden bin. Unter Umständen bearbeite ich das Bild anschließend in einem Bildbearbeitungsprogramm weiter (beispielsweise zum Nachschärfen oder zum Kleinrechnen für diese Seite).

Tone Mapping nicht übertreiben

Oft sieht man HDR-Bilder, die mehr nach Kunst als nach einer möglichst authentischen Wiedergabe der tatsächlichen Bedingungen aussehen. Dafür wird viel an den Reglern herumgeschraubt und das Ergebnis ist Geschmackssache.

Beispiele wie das Bild unten sind fast schon typisch für Lost Places.

Ich finde solche Bilder durchaus interessant. Aber ich versuche die Spielereien an den Reglern immer im Rahmen zu halten, um ein halbwegs natürliches Bild zu erzeugen. Klar wirkt der Dynamikumfang bei HDR-Bildern teils etwas unecht. Aber man muss es ja nicht übertreiben.

Weitere Erkundung der verlassenen Kirche

(Die nachfolgenden Bilder sind teils HDR-Aufnahmen und teils normale Fotos.)

Wir sind als letzte unserer Lost Places-Gruppe in der Kirche eingetroffen. Folglich machten sich die ersten bereits auf den Heimweg, als wir gerade erst so richtig loslegten. Wir konnten uns also in der kleinen Kirche etwas sorgloser bewegen, da wir nicht ständig jemandem ins Bild liefen.

Die oberen Etagen

Die Treppe war noch einigermaßen vertrauenserweckend. Auf der ersten Etage suchte ich mir aber sehr vorsichtig meinen Weg. Schließlich war unter dem rechten Teil der Bankreihen der Boden bereits weggebrochen…

Das Kirchenschiff von oben

Kirchenschiff von oben

Die Orgel der verlassenen Kirche

Unter dem Dach der Kirche

Treppe in die oberen Etagen
Die Treppe zum Dachgeschoss.

Blick aus dem Fenster
Direkt unter dem Dach fühlte ich mich dann aber wirklich nicht mehr wohl. Solange ich auf den Ziegelsteinen im unteren Bild laufen konnte, war es noch in Ordnung. Aber durch die Tür bin ich dann nicht mehr gegangen. Durch all den Dreck konnte man nicht mehr sehen, wo man hintritt.

marodes Dachgeschoss

Im Erdgeschoss

weinende Maria
Wenn du dir das nachfolgende Bild genau anschaust, siehst du den toten Marder vor dem Altar liegen. Den haben wird natürlich nicht dort hindrapiert. Dergleichen ist tabu in Lost Places! Das Tier ist tatsächlich vor dem Altar gestorben. Ein symbolträchtiges Bild… wobei die Deutung jedem selbst überlassen ist…

Altar mit totem Marder

Details des Altars

 

Meine Empfehlung*

 

 


Offenlegung,… denn dein Vertrauen ist mir wichtig

Die Lost Places Polen Tour fand mit dem Berliner Unternehmen Urbexplorer statt. Es bestand aber keine bezahlte Kooperation. Es handelt sich um einen Erfahrungsbericht, der auf meiner eigenen, ehrlichen Meinung beruht.

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