Island im Winter zu erleben war lange ein Traum. Für viele ist eine solche Reise undenkbar und genau das macht sie noch interessanter. Denn die Insel hat in den letzten Jahren einen enormen Touristenboom erlebt, der das überlaufene Reiseziel unattraktiver gemacht hat. Doch eine Winterreise ist die Chance, die Insel einmal ganz anders und mit deutlich weniger touristischem Beiwerk zu erleben.
Wenn du zu denjenigen gehörst, für die Island im Winter nach einem spannenden Abenteuer klingt, findest du hier einige Punkte, die du vor der Reise wissen solltest. Falls du eher zu den Skeptikern gehörst, dann kann ich vielleicht deine Bedenken zerstreuen und dir einige hilfreiche Informationen an die Hand geben.
Inhaltsverzeichnis
Island im Winter ist anders
Wer Island bereits im Sommer bereist hat und dann erstmals eine Winterreise antritt, findet eine vollkommen andere Welt vor. Ich weiß noch, wie ich auf dem Weg vom Flughafen im Mietwagen saß und kaum etwas wiedererkannte. Die Landschaft war wunderschön, aber merkwürdig unbekannt.
Während bei einer Reise im Sommer zwischen all den Braun- und Grautönen auch Grün in allen Schattierungen vorkommt, war jetzt auf den ersten Blick alles Schwarzweiß. Der Wind hatte sämtliche Erhebungen außer den hohen Bergkuppen vom Schnee befreit und die weiße Pracht sammelte sich in windgeschützten Vertiefungen. Das Ergebnis war ein kontrastreiches Relief der Landschaft, in dem die Strukturen überdeutlich hervorgehoben wurden.
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Den ersten Vogel habe ich erst nach ein paar Tagen gesehen. Es war eine einzelne große Möwe, die gekonnt mit den Windböen spielte. Es war ungewohnt, kaum Vögel zu sehen, da sie sonst immer in großer Zahl über unseren Köpfen flogen oder an Vogelfelsen brüteten.
Dafür zauberte die Sonne immer ein traumhaftes Licht in die weiße Landschaft, wenn sie auf ihrer tiefen Bahn am Himmel entlang zog. Und vor allem das blaue Gletschereis erstrahle in ihrem Licht. Vielleicht schien es aber auch nur so, weil die wenigen Farben in der Landschaft umso deutlicher herausstachen.
Ja, Island im Winter ist anders… und darauf solltest du dich vorbereiten.
Weniger Touristen, aber keinesfalls menschenleer
Wenn du denkst, dass Island im Winter ein Geheimtipp wäre, muss ich dich leider enttäuschen. Es sind zwar deutlich weniger Touristen unterwegs, aber die Chancen stehen trotzdem schlecht, einen beliebten Wasserfall ohne touristisches Beiwerk fotografieren zu können.
Je weiter man sich aber von Reykjavík entfernt, umso weniger werden es.
Islands Klima & Co.
Wenige Stunden Sonnenlicht
Island liegt knapp unterhalb des Polarkreises und die Tage sind im Winter daher deutlich kürzer als bei uns. Zur Wintersonnwende ist der Tag nur noch etwa 4 Stunden lang. Wenn du hingegen wie wir im Februar nach Island reist, hast du etwa 7 Stunden Sonnenlicht. Damit kann man schon etwas anfangen.
Gleichzeitig stehen die Chancen noch immer hervorragend, um am nächtlichen Himmel Polarlichter zu entdecken. Das setzt natürlich einen klaren Himmel und wenig Mondlicht voraus. Unser Problem war leider der Mond, da wir kurz vor Vollmond anreisten. Klare Fehlplanung… sehr ärgerlich.
Die Temperaturen sind weniger das Problem
Wer hätte es gedacht: im Winter ist es in Island kälter. Doch da der Golfstrom die Insel im Süden streift, sind die Winter milder, als man sie nahe dem Polarkreis erwarten würde. Wir hatten im Februar immer um die 0°C, also ähnlich wie zu Hause. Das Problem ist eher der ständige Wind dafür, wodurch es sich einige Grad kälter anfühlt. Entsprechende Kleidung ist also unverzichtbar.
Das Wetter in Island ist zu jeder Jahreszeit unberechenbar. Innerhalb weniger Minuten kann aus strahlendem Sonnenschein ein unangenehmer Schauer werden… im Winter dann auch gerne in Flockenform. Auf diese Wetterwechsel muss man immer gefasst sein, doch gerade im Winter können Sie folgenreich sein, da sie auch mal zu vorübergehenden Straßensperrungen führen können.
Wenn du mehr über das Klima in Island erfahren möchtest, schau dir am besten meinen Artikel zur besten Reisezeit für Island an.
Die richtige Kleidung ist das A und O
Als wir in Vík eine längere Pause machten, saßen wir am Fenster eines Restaurants und beobachteten draußen die Passanten. Für die Nacht lag eine Unwetterwarnung der Stufe rot vor und der Wind hatte inzwischen deutlich zugelegt. Trotzdem liefen draußen Leute in dünner Jacke und Schuhen herum. Kein Wunder, dass sie die Jacken enger um sich zogen und unbeholfen um die matschigen Schneehaufen an der Bordsteinkante herumschlitterten.
Island im Winter macht nur mit der richtigen Kleidung Sinn und Spaß. Das brauchst du für die Winterreise:
- Wind- und wasserdichte Outdoorjacke* mit Kapuze
- Wind- und wasserdichte Outdoorhose* und ziere dich nicht, ggf. eine lange Unterhose darunter zu ziehen. Alternativ geht natürlich auch eine gefütterte Outdoorhose.
- Zwiebellook, am besten mit Funktionskleidung, welche eventuelle Feuchtigkeit vom Körper wegleitet
- Mütze, Schal und warme Handschuhe
- Wasserfeste, halbhohe (Wander-)Schuhe* mit gutem Profil und guten Wärmeeigenschaften
- Eiskrallen/Schuhspikes* für die Schuhe geben besseren Halt und vereisten Wegen. Ich hatte keine und habe schmerzhaft aus diesem Fehler gelernt.
- Nice-to-have:
Multifunktionsschlauch/Schlauchschal* hat sich unter der Mütze bewährt. Und bei starkem Wind kann man das Ganze noch durch die Kapuze ergänzen. Kein Witz, bei starkem Wind ist diese Kombi unschlagbar. Bei Bedarf kann man aus dem Schlauch auch eine Sturmmaske machen.
Auch Taschenwärmer* sind super, vor allem wenn man zum Beispiel zum Fotografieren die Handschuhe ausziehen muss.
Unterwegs auf Islands winterlichen Straßen
4×4 und nichts anderes
Wenn du die winterliche Insel mit einem Mietwagen erkunden möchtest, gibt es nur eine Wahl: Allrad. Die Mietwägen sind selbstverständlich mit Winterreifen ausgestattet, aber mit einem Allrad fährt es sich auf dem oft seifig-glatten Untergrund deutlich besser und sicherer.
Die Straßen werden zwar meist geräumt (je wichtiger die Straße, umso wahrscheinlicher ist der Winterdienst), aber nicht gestreut wie bei uns. Selbst wenn du glaubst, dass du über genügend Erfahrung auf winterlichen, deutschen Straßen verfügst, taste dich unbedingt an die isländischen Bedingungen heran und passe deine Fahrweise an.
Nicht zu unterschätzen ist der oft kräftige Wind, der das Fahren auf den partiell vereisten Straßen weiter erschwert. Denn dadurch wird Schnee verweht, der die Sicht auf die Straße behindert und ggf. musst du stundenlang gegenlenken, weil die steife Brise von der Seite kommt. Und jetzt stell dir diese Bedingungen einmal mit einem 2×4 Fahrzeug vor. Das macht keinen Spaß.
Wetter- und Straßenbedingungen überprüfen
Überprüfe spätestens am Morgen das Wetter auf der Seite des Icelandic Met Office und die Straßenbedingungen auf Road.is. Auf beiden Seite findest du nicht nur die aktuellen Daten, sondern auch Warnhinweise, die du unbedingt ernst nehmen solltest. Eine Alternative ist auch die Seite Safetravel.
Wir haben einen schweren Orkan mit 145km/h während einer Nacht erlebt und wurden vorher eindringlichst gewarnt, nicht nach draußen zu gehen oder gar zu fahren. Es war schon unangenehm und beängstigend, den Sturm im Haus zu erleben. Aber bei Schnee und Eis bedeckten Wegen und Straßen nach draußen zu gehen, wäre einfach nur gefährlich und dumm gewesen.
Wenn trotzdem etwas passiert
Falls trotz aller Vorbereitung oder wegen eines unvorhergesehenen Wetterwechsels etwas passiert, bekommst du über die einheitliche Notrufnummer 112 Hilfe.
Wenn du in einer Notsituation Hilfe benötigst, aber nicht weiß, wo du genau bist, gibt es von Safetravel die App „112 Iceland“ (Android / iOS). Sie hat nur zwei Funktionen:
- mit dem roten Button wird ein Notruf mit dem aktuellen Standort an die Leitzentrale geschickt
- mit dem grünen Button wird nur der Standort gesendet
Winterimpressionen
Ja, ich gebe zu: man sollte schon einiges beachten, wenn man Island im Winter bereisen möchte. Aber mit der richtigen Vorbereitung ist es ein wunderschönes Reiseziel. Falls du noch nicht überzeugt bist, hier noch ein paar Winterimpressionen.
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Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Erfahrungsbericht, der auf meiner eigenen, ehrlichen Meinung beruht. Es bestanden keine bezahlten Kooperationen.
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