Je schneller sich unsere Welt zu drehen scheint, umso mehr zieht es die Menschen zurück in die Natur. Sie suchen den Ausgleich zu Reizüberflutung und Dauererreichbarkeit, zu beruflicher Überforderung und Zivilisationslärm. Mir geht es da nicht anders: draußen finde ich Ruhe und neue Energie… vor allem allein. Damit stoße ich oft auf Unverständnis. Daher möchte ich dir zeigen, warum solo wandern manchmal eine gute Sache ist.
Inhaltsverzeichnis
Warum solo Wandern eine wunderbare Erfahrung ist
Wer meinen Blog oder meine Instagram-Posts kennt, dem ist vermutlich schon meine Vorliebe für das Wandern ohne Begleitung aufgefallen. Früher wäre mir das nie in den Sinn gekommen… und so geht es offensichtlich vielen. Das merke ich oft am erschrockenen und verständnislosen Feedback, wenn ich von meinen Solo-Wanderungen erzähle.
Rückblickend musste ich erst lernen, mir selbst bei solchen Touren genug zu sein. Denn neben einer unbegründeten Angst vor irgendwelchen Risiken ist das Alleinsein ohne Gesprächspartner oft der Grund, warum allein Wandern gar nicht in Betracht gezogen wird.
Doch inzwischen kann ich nicht mehr ohne. Klar gehe ich auch gerne mit Begleitung wandern, doch dann ist das Ziel Geselligkeit und gemeinsames Erleben. Wenn ich hingegen allein unterwegs bin, geht es vielmehr darum, Ruhe zu finden und die Natur mit allen Sinnen wahrzunehmen. Dann tauche ich ein in Wälder und Flusslandschaften, genieße weite Ausblicke und enge Täler, rieche den Duft frisch gemähter Felder und spüre die warme Sonne auf meiner Haut.
Das alles kann ich zwar auch in Begleitung erleebn, aber längst nicht so intensiv, wie bei einer Solo-Wanderung.
So kam ich zum solo Wandern
Bis Anfang 2019 war ich kein einziges Mal allein auf einem Wanderweg unterwegs. Am Mut mangelte es mir nicht, obwohl einige in meinem Umfeld versuchten, ihre eigenen irrationalen Ängste auf mich zu übertragen. Meist ging es dabei um mögliche Übergriffe. Ja, allein als Frau ist man vergleichsweise wehrlos. Aber mal ehrlich: das Risiko eines Übergriffs ist in jeder städtischen Grünanlage höher.
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Ich befürchtete dagegen vielmehr, dass es furchtbar langweilig wäre: niemand zum Reden, niemand zum Teilen des Erlebten. Aber auch niemand, dessen Gesellschaft ich als Vorwand nutzen könnte, damit ich mich nicht mit mir selbst beschäftigen muss.
Als im Januar 2019 der DuMont Reiseverlag bei mir anfragte, ob ich den Outdoor-Reiseführer 52 Eskapaden in und um Würzburg für sie schreiben würde, war mir zunächst nicht bewusst, dass ich fast alle Touren allein gewältigen würde. Doch für 52 Touren brauchte es innerhalb der vorgegebenen Deadline deutlich mehr als nur die Wochenenden, an denen mögliche Begleitungen Zeit gehabt hätten.
Dank des Auftrags lernte ich die Vorzüge des allein Wanderns quasi zwangsweise kennen, schätzen und lieben. Langeweile? Absolut nicht! Dafür ist die Natur zu aufregend. Man muss sich nur darauf einlassen.
Gründe, warum solo Wandern durchaus Vorteile hat
Es gibt nicht den EINEN Grund für Solo-Wanderungen. Meist ist es eine Kombination der nachfolgenden Gründe.
Ruhe genießen, abschalten und Akku aufladen
Der Alltag kann grausam sein und lässt uns oft auch dann nicht in Ruhe, wenn wir Erholung suchen. Doch Zeit in der Natur kann wahre Wunder wirken. Zugegeben, manchmal dauert es etwas länger, aber irgendwann steht das Gedankenkarussel still und man nimmt nur noch die Natur wahr.
Das ist für mich der Hauptgrund, warum ist es liebe, allein unterwegs zu sein. Ich fahre dabei komplett herunter und bin ganz bei mir selbst. Daher beschreibe ich es meist als meditativ. Das hat jedoch nichts mit Esoterik oder ähnlichem zu tun, sondern es ist einfach eine wohltuende Form der Entspannung und ein effizienter Weg, den Akku wieder aufzuladen.
Sich selbst etwas beweisen
Für manche bedeutet eine Solo-Wanderung aber auch, sich selbst etwas zu beweisen. Vor allem wenn es sich um längere Wanderungen oder gar Weit- bzw. Fernwanderungen handelt.
Während meiner ersten mehrtägigen Wanderungen auf dem Fränkischen Rotweinweg und dem Fränkischen Dünenweg hat das zwar nur am Rande eine Rolle gespielt, aber ich kann nicht leugnen, dass ich mir damit einen Selbstbeweis geliefert habe:
Ja, ich kann das. Ganz allein!
Und mit dem etwa doppelt so langen Taubertal Panoramaweg habe ich mir bewiesen, dass noch mehr geht. Wer weiß, wo das noch hinführt 😉
Wenn du wissen möchtest, wo ich so unterwegs bin, werfe am besten einen Blick auf mein Komoot-Profil mit meinen Wanderungen.
Je länger der Weg, umso einfacher ist es allein
Langstreckenwanderer wie beispielsweise Christine Thürmer (die weitgewanderste Frau der Welt) sind fast ausschließlich allein unterwegs. Der Grund ist einfach: eine bessere Leistungsfähigkeit.
- das eigene Tempo
- die eigene Pausenlänge und -anzahl
- der eigene Rhythmus
Wer sich an einen anderen Wanderer anpassen muss, büßt dabei eigene Leistungsfähigkeit ein.
Und obwohl meine Wanderungen eigentlich vergleichsweise kurz sind, kann ich das absolut bestätigen. Denn ich habe mein persönliches Wohlfühltempo, lege aber recht viele Pausen zum Fotografieren und Gucken ein. Für mich ist der Weg das Ziel und der Endpunkt einer Wanderung hat wenig Bedeutung.
So manchen Wanderer würde ich damit zweifellos in den Wahnsinn treiben, wenn er zum hundertsten Mal auf mich warten muss, weil der Schmetterling gerade so fotogen auf der Blüte posiert. Und als Ergebnis wären wir beide gestresst.
Aber auch unterschiedliches Tempo ist ein Problem. Denn wer sich an einen langsameren Wanderer anpasst, wandert deswegen nicht entspannter, sondern muss sich selbst immer weider zügeln. Bei einem schnelleren Wanderer ist das Problem noch offensichtlicher.
Jeder ist anders – auch beim Wandern. Andere Vorlieben, andere Ziele, andere Motivationen. Und wer sich anpassen muss, kommt aus dem persönlich Flow.
Was ich über mich selbst lernte
Bei meinen Touren ohne Wanderbegleitung lernte auch viel über mich selbst. Zum Beispiel, dass ich gesteckte Ziele fest im Auge behalte und Aufgeben keine Option ist. Aber auch, dass mein Ehrgeiz manchmal ungesunde Züge annimmt und ich mehr auf mich selbst achten muss.
Wie das Beispiel im Bilduntertitel zeigt, kann wandern MÜSSEN auch Stress bedeuten. Vor allem wenn damit ein hohes Arbeitspensum und drohende Fristen verbunden sind. Es kommt wie bei allem auf die Dosis und die Rahmenbedingungen an.
Wären Solo-Wanderungen auch etwas für dich?
Eigentlich kann jeder allein wandern gehen. Es braucht nur den Mut, den ersten Schritt zu tun. Zudem solltest du ein paar Dinge beachten, wenn du allein unterwegs bist. Darauf werde ich in meinem nächsten Artikel eingehen.
Warst du schon einmal allein unterwegs, lehnst du es vollkommen ab oder bräuchtest du wie ich nur einen Grund, um es ausprobieren zu müssen?
Erzähle mir mehr in einem Kommentar.
Dieser Artikel enthält keine bezahlte Werbung und es bestanden keine Kooperationen. Er beruht auf meiner eigenen, ehrlichen Meinung.
Liebe Verena,
so wie dir geht es mir auch. Ich bin damals mangels Wanderpartnern zum Solo-Wandern gekommen und schätze es mittlerweile sehr. Ich liebe es, mit mir alleine zu sein, meinen Gedanken nachzuhängen, zu beten, mit offenen Sinnen die Landschaft und die kleinen Freuden am Wegesrand zu entdecken und zu fotografieren und abends mit einem Sack voller Erlebnisse und aufgeladenen Batterien heim zu kommen. Bis auf das Beten scheinen wir da recht ähnlich zu ticken. 🙂
Ich gehe seit Jahren lieber alleine los, als in Gesellschaft. Wobei Letzteres natürlich auch schön ist.
Es hat etwas Überredungskunst gebraucht, damit mein, leider nicht sonderlich wanderbegeisteter Mann, sich keine Sorgen macht, während ich alleine durch Brandenburgs schöne Landschaften streife. Während einer 3-monatigen Zeit als Sennerin auf einer Südtiroler Alm war ich auch oft alleine wandern. Das macht mir auch im Hochgebirge keine Angst.
Mein Mann ist inzwischen viel entspannter und selbst in den Picos de Europa, die ein Traumziel von mir waren, hat alleine wandern, super geklappt. Wichtig war neben der guten Vorbereitung, sich unbedingt an Absprachen hinsichtlich Rückkehr zu halten, denn Netz gab es unterwegs überhaupt keins. Es war mir wichtig, meinem Mann, der mich auch jeweils zu den Trails gefahren hat und dort wieder abholte, keine Sorge zu bereiten. Einmal bin ich auf einer sehr schönen Wanderung, die ich viel lieber noch bis zum Point of return weiter gelaufen wäre, mit Blick auf die Uhr eher umgekehrt und war genau zur vereinbarten Zeit zurück. Eine andere herausfordernde Wanderung, die auf knapp 2000 Höhenmeter führen sollte, legte ich aufs Wochenende, um nicht ganz alleine auf weiter Flur zu sein. Das hat so für uns beide gut funktioniert und ich hoffe, weitere tolle Touren im Hochgebirge alleine wandern zu können. Mein Etappenziel in dieser Hinsicht ist eine kleine Solo-Hüttentour in den Alpen.
Liebe Grüße
Peggy
Liebe Peggy,
vielen Dank für diesen schönen Einblick in deine Erfahrungen mit dem Solo-Wandern.
Mein Mann ist auch kein Wander-Fan 🙁 Zum Glück hat er sich aber nie wirklich Sorgen gemacht, wenn ich allein losgezogen bin. Selbst dann nicht, wenn ich durch den waldreichen Spessart gewandert bin. Dort sind nur ganz wenige Ortschaften und noch weniger Netz. Ich habe ihn aber auch meist vor vollendete Tatsachen gestellt und einfach gesagt: „Ab morgen bin ich 3 Tage wandern“. Einwand zwecklos 😉
Aber ich stimme dir zu, dass Absprachen unheimlich wichtig sind und dass diese auch unbedingt eingehalten werden müssen. Ich hatte auch schon Situationen, in denen ich einen Abschnitt ausgelassen habe, um pünktlich zu sein. Da ich in dieser Hinsicht sehr verlässlich bin, macht sich mein Mann vermutlich auch keine Sorgen.
Ich wünsche dir noch ganz viel Spaß bei deinen Solo-Wanderungen 🙂
Liebe Grüße
Verena