Allein wandern ist für viele ein No-Go. Die Gründe dafür sind zum einen die Befürchtung, dass es ohne Gesprächspartner furchtbar langweilig sein könnte und die Angst vor allen möglichen Gefahren. Letzteres haben wir oft unserem Umfeld zu verdanken, das uns mit übertriebenen Risiken und Horrorszenarien beeinflusst. Vieles ist objektiv betrachtet eher ein Fall zum Schmunzeln. Doch es gibt durchaus ein paar Dinge, die du auf einer Solo-Wanderung beachten solltest.
Inhaltsverzeichnis
Allein Wandern – „Hast du keine Angst allein im Wald?“
Allein Wandern tut unglaublich gut und so mancher Skeptiker verpasst eine ganz besondere Erfahrung, wenn er es nicht einfach einmal ausprobiert. Ich liebe es und kann nicht mehr ohne. Natürlich bin ich auch sehr gerne in Begleitung unterwegs. Aber wenn ich wirklich Energie für den Alltag tanken möchte, ist eine Solo-Wanderung am effektivsten. Dann kann ich die Ruhe genießen, für ein paar Stunden alle Sinne auf die Natur richten und einmal richtig durchatmen.
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Ich werde oft gefragt, ob ich nicht Angst hätte, wenn ich allein Wandern gehe. Vor allem wenn ich berichte, dass ich „im dunklen Wald“ unterwegs sein werde. In der Regel stoße ich damit auf vollkommenes Unverständnis und nur in wenigen Fällen auf ein anerkennendes Nicken. Nicht selten höre ich Aussagen wie: „Aber so allein als Frau… da kann allerhand passieren…“
Ja, es kann immer etwas passieren. Auch so ein angedeuteter Übergriff. Wer aber einmal ernsthaft darüber nachdenkt, wird feststellen, dass die Wahrscheinlichkeit dafür in jeder städtischen Parkanlage um ein Vielfaches höher liegt!
Wer Angst davor hat, allein Wandern zu gehen, sollte sich nach der Ursache fragen. Denn in der Regel wird uns diese Angst von Menschen eingepflanzt, die sich entweder noch gar keine wirklichen Gedanken zu dem Thema gemacht haben oder von ihrer Persönlichkeit her eher unsicher bzw. ängstlich sind. Sie denken nur an Horrorszenarien, ohne sie unter realistischen Umständen zu betrachten.
Nett finde ich zum Beispiel den Hinweis, dass ich wegen wilder Tiere acht geben soll. Welche? Das wilde Eichhörnchen oder der Killer-Schmetterling 😉 Spaß beiseite, in unseren Breiten ist das einzige gefährliche Tier die Zecke. Und die kommt auch in städtischen Parkanlagen vor!
Viele haben Angst vor Wildschweinen, doch die ist eher unbegründet. Die Tiere gehen dem Menschen normalerweise aus dem Weg und zu Begegnungen im Wald kommt es eigentlich nur, wenn sie uns noch nicht bemerkt haben.
Wenn es doch einmal zu einer Begegnung kommt, gilt dasselbe, wie bei jedem anderen unbekannten Haus-, Nutz- oder Wildtier: respektvollen Abstand halten und langsam rückwärts zurückziehen. Und ja, das gilt bei jedem Tier. Oder was meinst du, warum eine Katze kratzt, wenn du sie einfach streichelst?
Wenn Tiere aggressiv reagieren, gibt es dafür zwei Gründe: man hat sie erschreckt oder man ist ihnen zu nahe gekommen. Das gilt für den Nachbars Katze ebenso wie für Wildschweine.
Das musst du bei Solo-Wanderungen beachten
Ich möchte mögliche Gefahren nicht herunterspielen, denn es kann natürlich wirklich etwas passieren. Schnell ist man über eine Wurzel gestolpert und hat sich verletzt oder man folgt der falschen Abzweigung, die weit vom eigentlichen Ziel wegführt.
Wer allein unterwegs ist, sollte daher ein paar Dinge beachten und entsprechende Vorkehrungen treffen.
Gesunde Selbsteinschätzung und der geeignete Weg
Nehme dir keinen Wanderweg vor, der dich an dein Limit bringt. Es spricht nichts gegen eine Herausforderung, aber Selbstüberschätzung kann unter Umständen gefährlich sein. Du solltest daher sowohl deine Kondition als auch die Anforderungen des gewählten Wanderwegs kennen. Wenn du in dieser Hinsicht unsicher bist, beginne lieber leicht und taste dich langsam an schwierigere Wanderungen heran.
Für den Einstieg eignen sich zum Beispiel Premium- und Qualitätswege, von denen es in Deutschland eine große Auswahl gibt. Diese Wege sind in der Regel nicht nur vorbildlich ausgeschildert, sondern führen auch an Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten vorbei.
Hier findest du zertifizierte Wanderwege:
- Premium-Wanderwege: Deutsches Wanderinstitut
Auswahl der Premiumwege, die ich schon gelaufen bin: Wildes Wasser, Luftiger Grat, Basaltweg - Qualitätswege: Wanderbares Deutschland
Auswahl der Qualitätswege, die ich schon gelaufen bin: Taubertal Panoramaweg (6 Tage), Fränkischer Dünenweg (5 Tage)
Vorbereitung ist alles
Je besser du vorbereitet bist, umso weniger kann während einer Wanderung passieren.
- Karte der Wanderung besorgen
Entweder in Papier-, besser aber in digitaler Form. Zu den meisten Wanderwegen findest du im Internet GPX-Daten, die du mit einer App wie Komoot für ein Routing nutzen kannst. So hast du auch bei eventuellen Lücken in der offiziellen Wegmarkierung oder schlichter Unachtsamkeit ein Backup dabei, das dich sicher ans Ziel bringt. - Voller Handyakku
Lade vor der Wanderung dein Handy. Und wenn dein Akku schon etwas altersschwach ist, nehme zusätzlich eine volle Powerbank mit. Das ist nicht nur wichtig, damit du die Route angezeigt bekommst, sondern auch damit du im Notfall Hilfe rufen kannst. - Jemanden informieren
Informiere jemanden über deine Wanderung und deren Verlauf. Am einfachsten ist es, wenn du die Route beispielsweise über Komoot teilst. Ich gebe auch manchmal meinen Standort via WhatsApp frei, damit derjenige immer weiß, wo ich bin (das funktioniert über die Einfügen-Klammer und „Live-Standort teilen“). Aber Achtung, dafür ist eine stabile Internetverbindung notwendig. Eine Alternative wäre ein SPOT-Sender, der über das Satellitennetz funktioniert. Er kann sowohl Hilfskräfte alarmieren, als auch den Standort an Angehörige übermitteln. - Wetterbericht studieren
Er bestimmt einen Teil deiner Ausrüstung und kann unter Umständen die Verlegung der Wanderung auf einen anderen Tag notwendig machen. - Automatische Umplanung in der App ausschalten
Schalte in den Einstellungen von Komoot das automatische Umplanen der Tour aus. Es kann sehr ärgerlich sein, wenn du mal kurz abbiegst, weil dich z. B. ein Biergarten anlockt, und deine Route bis zum nächsten Wegpunkt angepasst wird. Schalte es am besten nur ein, wenn du explizit eine Anpassung an deinen aktuellen Standort möchtest, weil du z. B. unbewusst länger falsch gelaufen bist.
Sicher mit der richtigen Ausrüstung
Das wichtigste beim Wandern sind die Schuhe. Diese sollten dem Gelände angepasst sein und sowohl Halt für den Fuß als auch auf dem Untergrund bieten. Achtung: schwere Wanderschuhe schränken die Kondition ein und machen eigentlich nur in den Bergen Sinn.
Ob knöchelhoch oder nicht ist Geschmackssache und hängt auch von deiner Tendenz zum Umknicken ab. Ein hoher Schaft ist aus meiner Sicht nur dann ein Muss, wenn du in felsigem Gelände unterwegs bist oder die Tour Kletterpassagen enthält. Denn dann schützt der Schuh den Knöchel vor äußeren Verletzungen.
Egal ob schwere oder leichte Wanderschuhe, hoher oder niedriger Schaft: sie müssen super-bequem und eingelaufen sein.
Ansonsten sollte deine Kleidung dem Wetterbericht angepasst sein. Funktionskleidung und mehrere Schichten gewährleisten Tragekomfort durch den Abtransport von Feuchtigkeit und die mögliche Anpassung an die Außentemperatur. Eine Regenjacke macht vor allem bei unbeständigem Wetter Sinn.
Wanderstöcke können für eine bessere Balance auf unebenem Untergrund sorgen und die Gelenke entlasten.
Eine Stirnlampe kommt zwar selten zum Einsatz, aber wenn du nach Sonnenuntergang noch nicht am Ziel bist, wirst du dankbar sein, sie mitgenommen zu haben. Du könntest zwar auch mit dem Handy für Licht sorgen, doch es wäre unklug, einen leeren Akku und damit den Verlust deiner Karte zu riskieren.
Ich packe meinen Rucksack und nehme mit…
Platz Nummer 1 nimmt hier ganz klar das Wasser in einer ausreichenden Menge ein. Die Bedeutung von „ausreichend“ ist abhängig von der Länge und dem Anspruch deiner Wanderung, der Temperatur und der Verfügbarkeit von Einkehr- bzw. Einkaufsmöglichkeiten. 1,5l sind mein persönliches Minimum, aber ich hatte auch schon das doppelte im Rucksack, obwohl ein Biergarten auf der Strecke lag.
Platz 2 ist die Verpflegung, die vor allem aus Energie liefernden Kohlehydraten bestehen sollte. Sehr praktisch finde ich z. B. Nüsse und Müsliriegel. Auch schnelle Energie wie Schokoriegel o. ä. kann nie schaden, sie sind im Sommer aber eine ziemliche Sauerei 😉
Ansonsten gehören in den Rucksack:
- (Blasen-)Pflaster
- Geld, Ausweis und Krankenversicherungskarte
- ggf. Kamera mit Ersatzakku
- Sonnencreme, vor allem bei intensiver Sonneneinstrahlung
- ggf. ein Deo
- (Schweizer-)Taschenmesser, man weiß ja nie… von Spreißel entfernen bis widerspenstige Verpflegungsverpackung öffnen
Wenn du dich damit besser fühlt, kannst du auch ein Pfefferspray und eine Trillerpfeife mitnehmen.
Verantwortungsvoll wandern
Wenn du allein Wandern gehst, trägst du auch allein die Verantwortung.
- nehme deinen Müll wieder mit
- nehme Rücksicht auf Tiere und Pflanzen, aber auch andere Wanderer
- lasse Tore oder Gatter entlang des Weg so zurück, wie du sie vorgefunden hast – also entweder geöffnet oder geschlossen
Dieser Artikel enthält keine bezahlte Werbung und es bestanden keine Kooperationen. Es handelt sich um einen Erfahrungsbericht, der auf meiner eigenen, ehrlichen Meinung beruht.
In deutschen Wäldern gibt es schon mehr als Eichhörnchen und Schmetterlinge. Gerade jetzt im Frühjahr sollte man eine Bache mit Nachwuchs nicht unterschätzen. Diese sind auch nicht immer menschenscheu. Es ist immer sinnvoll zu wissen, wie man sich diesen Tieren gegenüber richtig verhält!
Hallo Nadine,
natürlich kann man immer einem Tier begegnen, das sich bedrängt oder überrascht fühlt. Das kann aber nicht nur im Wald passieren, sondern auch mit dem Hund in der Nachbarschaft.
Ich kenne verschiedenste Geschichten mit Wildschweinen:
– der Keiler, der einen Wanderer bis zu einer Gaststätte verfolgt und dort gegen die zugeschlagene Tür rennt
– die Bache mit Nachwuchs, die in einem Abstand von nicht einmal 5 Metern in aller Seelenruhe vor einer Freundin über den Waldweg spaziert ist und nur mal neugierig geguckt hat
Das Gebot des Abstandhaltens gilt für alle Tiere, egal ob Haus-, Nutz- oder Wildtier wie Wildschweine. Wir alle kennen z. B. die Krallen einer Katze, die die Begeisterung für Annäherungsversuche nicht teilt. Aber auch eine erschrocken Kuh auf der Weide sollte man keinesfalls unterschätzen… Schon allein wegen der Masse.
Folgenschwere Begegnungen mit kleinen Zecken kommen auf jeden Fall deutlich häufiger vor als mit großen Wildschweinen. Und wer etwas gesunden Menschenverstand besitzt und respektvollen Abstand hält, braucht die Begegnung mit Wildschweinen nicht zu fürchten.
Liebe Grüße
Verena